Biotop-Pflege in der Kiesgrube Reiselfingen




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Biotoppflege 2012 -
Für mehr Vielfalt

Großer ehrenamtlicher Einsatz bei der Biotoppflege
Bericht Christa Maier

Die Anstrengung ist ihnen ins Gesicht geschrieben: Die Haut ist gerötet, der Schweiß rinnt aus den Poren. Die Biotoppfleger geben bei hochsommerlichen Temperaturen alles. 20 Helfer, darunter Biologe und Geologe Martin Salcher aus Freiburg verhelfen am Samstagnachmittag Tieren und Pflanzen ehrenamtlich auf die Sprünge. Mit Motorsägen, Balkenmäher, Freischneider und Heugabeln entfernen sie alles, was sich der Offenhaltung der Biotope widersetzt. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf der Entfernung von Neophyten. "Das sind Pflanzen, die nach der Entdeckung Amerikas 1492 von Menschen direkt oder indirekt in Gebiete eingeschleppt wurden, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen", so die Erklärung des Biologen. Nicht nur aus Einsätzen als freiberuflicher Landschaftsökologe kennt er die Flächen, sondern auch durch die Biotoppflege, die er 2006 erstmals unter Leitung des Naturschutzbeauftragten Gerrit Müller genoss.

Biotoppflege kann auch Spaß machen: Der zehnjährige Marcellus Birkenmeier gab trotz hochsommerlichen Temperaturen vollen Einsatz. Foto: Christa Maier

"Da die Neophyten konkurrenzstark sind, bedrängen sie nicht nur die einheimischen Pflanzen, sondern nehmen die Flächen irgendwann komplett ein" sagt er. Übrig blieben dann nur noch die eingeschleppten Pflanzen. Im Falle der Kiesgrube sind es vor allem die Lupine (sie werden gerne für den Blumenteppich an Fronleichnam wegen ihres blau-lila Farbtons gezupft) und die amerikanische Goldrute, die der biologischen Vielfalt zu schaffen machen. Die Goldrute wurde nach Vermutungen der Biologen durch Bienenhalter eingebracht, die die Pflanze wegen ihrer hohen Honigausbeute durch die lange Blütezeit schätzen. "Das Experiment wurde ähnlich dem indischen Springkraut zur Plage" sagt Salcher, dessen Ausführungen sowohl von den jüngsten Helfern, Annika (12), Marcellus (10) und Emilia Birkenmeier, als auch dem ältesten Teilnehmer, Eugen Liebermann (82), mit Interesse verfolgt werden. Auch die Herkulesstaude (Riesen -Bärenklau) aus dem Kaukasus setze sich gegen alles andere durch. Doch die sei im Gegensatz zur Goldrute richtig giftig.

"Heute haben wir die richtige Zeit erwischt, weil die Goldrute noch nicht aufgeblüht ist" sagt Salcher. Da sich die gelb blühende Pflanze sowohl über ihren Samen, als auch über ihre unterirdischen, wurzelähnlichen Spross-Achsensysteme verbreiten, glaubt er jedoch nicht, dass man diese nur mit Zurückschneiden verdrängen kann. Ähnlich wie in der Landwirtschaft müssten "größere Geschütze", sprich Herbizide, eingesetzt werden. "Hier ist allerdings noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten" sagt das BUND-Mitglied. Solange der Einsatz der Chemie-Keule nicht erlaubt ist, bleibt es bei der Handarbeit, die von den Helfern, darunter Förster Christof Birkenmeier, Ortsvorsteherstellvertreter Willi Frey, sowie Mitgliedern des Schwarzwaldvereins und der Segelfluggruppe sprichwörtlich mit Feuereifer geleistet wurde. Denn neben dem Zusammentragen des Mähguts musste das im Vorjahr aufgehäufte und mittlerweile verwachsene Geäst kräftezehrend herausgezogen und verbrannt werden. Ein Glück, dass Helfer Gottfried Saar seinen Traktor mit Anhänger dabei hatte. Das von Naturschutzwart Konrad Waldvogel angebotene Vesper auf dem Segelflugplatzgelände fand zum Abschluss des dreieinhalbstündigen Einsatzes dann auch reißenden Absatz.

 

Ein Eldorado für seltene Tiere und Pflanzen
Bericht Christa Maier (auszugsweise)

Ein Eingriff in die Natur kann auch ein Segen sein. Dies wurde zumindest bei der jüngsten Biotoppflege im ehemaligen Kiesabbaugelände in Reiselfingen deutlich, bei der Biologe Martin Salcher von der Natur- und Landschaftsanalyse in Freiburg während der Arbeit immer wieder die Besonderheiten der heutigen Biotopfläche hervorhob. Dem Aufruf des Schwarzwaldvereins und der Forstverwaltung folgten 30 Frauen, Männer und Kinder, die die Uferbereiche des ältesten Teiches auf der ehemaligen Abbaufläche von Bäumen und Sträuchern befreiten. "Die Natur wird es uns danken" freute sich Revierleiter Karl Meister über die Motivation der Helfer. In zwei Gruppen aufgeteilt stürzten sie sich auf die dreistündige Arbeit und lieferten eine "reife Leistung", wie Meister bilanzierte. Dass der Kiesgrubenbereich von Douglasien und Roteichentypen bestimmt wird, macht nach Aussagen von Meister die waldbauliche Entwicklung äußerst interessant. Auch das durch Rekultivierung entstandene "Biotop aus zweiter Hand" bezeichnete er als außergewöhnliche Bereicherung. Die Kiesgrube ist nach den Feststellungen des Biologen Martin Salcher, der 2006 im Auftrag der Pächterfirma Meichle und Mohr bei der Kartierung mitwirkte, ein Eldorado für seltene Tiere und Pflanzen. Die Biotoppflegemaßnahmen in jüngster Zeit würden dazu beitragen, bedrohte Arten zumindest über längere Zeit zu erhalten und deren Lebensqualität auf Dauer zu erhalten. "Reiselfingen genießt einen überregionalen Ruf" verdeutlichte er im Hinblick auf das Vorkommen vieler seltener Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste als gefährdet und stark gefährdet gelten. Vor allem für das rotbraune Wiesenvögelchen, die glänzende Binsenjungfer, den schwarzbindigen Prunkläufer, die Geburtshelferkröte, die Westliche Beißschrecke und mehrere Libellenarten bietet die geschaffene Rohbodensituation neue Lebensräume. Und auch der gefährdete Deutsche Ginster dürfte an der Aktion am Samstag Gefallen gefunden haben und sich bald mit üppigen gelben Blüten bedanken. Nicht nur die Bedingungen am Boden scheinen sich positiv auf die Entwicklung von Tieren und Pflanzen auszuwirken.


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